Über uns
Frühling 2020: Die Coronakrise hat begonnen und sehr bald berichten Familien, dass sie nicht mehr genug zu Essen haben. Bei vielen, die im Stundenlohn bezahlt sind, sinkt das Einkommen drastisch, andere werden auf Kurzarbeit gesetzt und erhalten jetzt nur noch 80 Prozent eines bereits mageren Einkommens. Auch wenn Kinder zu Hause bleiben müssen, führt dies zu höheren Ausgaben. Es gibt zahlreiche Beispiele dafür, wie Situationen, die schon in normalen Zeiten instabil waren, mit einigen Wochen Lockdown unüberbrückbar werden.
Die Zentren für soziokulturelle Animation (ZSA) der Stadt Freiburg, die zum Verein REPER gehören, haben direkten Kontakt zu einigen Familien in solchen Notlagen und organisieren umgehend Verteilungen von Bedarfsgütern. Diese finden einmal pro Woche statt, zuerst in einem der Zentren, dann in vier, und im Sommer schliesslich zentral in der ehemaligen Schokoladenfabrik Villars. Weitere Vereine helfen bei der Organisation mit, namentlich La Red, die Zentren für soziokulturelle Animation von Villars-sur-Glâne und Marly sowie Freiburg für alle.
Von Mai bis Ende August stehen Hunderte Menschen stundenlang für eine Einkaufstasche mit Grundnahrungsmitteln und manchmal einigen zusätzlichen Haushaltsprodukten Schlange. Sie alle erhalten uneingeschränkt Zugang zu diesen Verteilungen.
Parallel dazu wird in der RTS-Radiosendung «Chacun pour tous», moderiert von Jean-Marc Richard und geleitet von Anouk Wehrli, die Aktion «Caddies pour tous» ins Leben gerufen. Die Aktion stellt eine grosse Menge an Lebensmitteln zur Verfügung, welche die Vereine verteilen können.
Die Verteilaktionen werden grösstenteils durch Spenden von Privatpersonen und Unternehmen finanziert, dazu erfolgt eine ausserordentliche Unterstützung von Kanton und Stadt Freiburg.
Die Verteilungen sind zwar unbestreitbar dringend notwendig, jedoch keine Lösung: Die Einkaufstaschen haben alle denselben Inhalt, ob sie nun an einen Haushalt mit 2 oder 8 Personen gehen. Es stellen sich auch ethische Fragen: Wie kann die Würde derer, denen es am Nötigsten mangelt, gewahrt werden?
Seit Beginn der Notverteilungen nehmen die ZSA Kontakt zu Akteuren auf, die im Bereich Prekarität tätig sind. Gemeinsam tauschen wir uns über Beobachtungen, Bedürfnisse, Handlungsmöglichkeiten und den Wunsch nach Koordination aus. Wir sprechen auch Institutionen und politische Behörden an, um unser Fachwissen einzubringen und Lösungen zu finden. Wir koordinieren uns, um eine Veränderung zu erreichen. Wir möchten die Lebensbedingungen der Verwundbarsten und Benachteiligtsten ins öffentliche Bewusstsein rücken. Wir versuchen, die vorgeschlagenen Lösungen so zu verbessern, dass sie effizienter und gerechter werden.
Daher koordinieren wir uns, um ein Manifest und einen Brief an die Politiker zu verfassen, unsere Meinung zur Revision des Sozialhilfegesetzes zu äussern und die Einrichtung einer solidarischen Lebensmittelkooperative zu erreichen. So wurde das Kollektiv MenschenWürde Freiburg geboren.
Kommentar zur Sozialhilfe im Kanton Freiburg
Im Kanton Freiburg muss die Sozialhilfe zu 100 Prozent zurückgezahlt werden. In der Romandie sind nur das Wallis und Freiburg so unerbittlich, wobei der Kanton Wallis die Rückerstattungspflicht voraussichtlich bald lockern wird – wohl wissend, dass diese keine Lösung sein kann für Menschen, die nach einem Tief wieder in der Berufswelt Fuss zu fassen versuchen.